Kapitel 8 | Abschnitt 3

Frauen, Senior*innen, Kinder, Menschen mit Be_hinderung und queere Menschen schränken ihr Mobilitätsverhalten stark ein: Sie benutzen nur bestimmte Haltestellen und Verkehrsmittel, vermeiden Wegstrecken, Haltestellen oder bestimmte Verkehrsmittel und ändern so ihr Mobilitätsverhalten je nach Uhrzeit oder Zugang.

Unsicherheit in der Nacht-Tram, Unbehagen an dunklen Haltestellen und Barrieren beim Zugang zum ÖPNV sind ein Problem für Viele.[1] Personen mit Geh- und/oder Sicht-Einschränkung und Passant*innen mit Kinderwagen sind oft besonderen Gefahren und Hindernissen ausgesetzt. Viele Berliner*innen vermeiden den ÖPNV ganz, weil sie sich unsicher fühlen.[2]

Berlin hat kein spezifisches Mobilitätskonzept für Frauen, Diverse, queere Menschen, Menschen mit Be_hinderung, Senior*innen und Kinder. Die Datenlage und die Berücksichtigung der Bedürfnisse dieser Menschen sind stark limitiert. So veröffentlicht die BVG Statistiken zum Sicherheitsgefühl der Passagiere, teilt diese jedoch nicht auf nach Geschlecht und Alter. Während Diebstahl im ÖPNV zurückgegangen ist, sind Vorfälle der sexuellen Belästigung stark angestiegen. Zudem zeigen Umfragen, dass Männer ein anderes Sicherheitsgefühl aufweisen als Frauen. Menschen, die unter intersektioneller und Mehrfachdiskriminierung leiden, wie zum Beispiel Frauen mit Be_hinderung, sind überhaupt nicht erfasst, jedoch von mehreren Faktoren in ihrer Mobilität eingeschränkt.

Entwicklung einer inklusiven Mobilitätsstrategie

Jeder und jedem soll der gleiche Zugang, das passende preisliche und strukturelle Angebot und die gleiche Berücksichtigung in der Verkehrsplanung zuteil werden. Das Geschlecht, das Alter und der soziale Hintergrund sollen die Mobilität der Einzelnen nicht einschränken. 

Deshalb setzen wir uns für eine inklusive Mobilitätsstrategie ein, die ein sicheres Ankommen für alle ermöglicht. Diese Strategie beinhaltet aus unserer Sicht

  • eine Aufschlüsselung der Datenerhebung in Bezug auf Geschlecht, Aussehen, Be_hinderung und Alter, sowie der Lebensumstände, um durch eine ganzheitliche Strategie den ÖPNV für alle attraktiv zu machen, wie in London. Hierbei sollen auch Faktoren der Mehrfachdiskriminierung miteinbezogen werden.
  • ein einfaches digitales Meldesystem zur schnellen interaktiven Kommunikation bei Problemen.
  • den konsequenten Ausbau Berlins zur barrierefreien Stadt an jeder Straße und jeder Haltestelle inklusive guter Ausleuchtung. Dazu gehören u. a. barrierefreie Niederflur-Gehsteige und Leitelemente für Menschen mit Seh-Einschränkung. 
  • ein digitales GPS-basiertes Tracking System für öffentliche Verkehrsmittel, welches z. B. per App sowie in den Fahrzeugen des ÖPNV die Ankunfts- und Umsteigezeiten minutengenau anzeigt. Dies verringert Wartezeiten an Haltestellen und vermeidet so unsichere Situationen.[3]

Gerechtere Preise und Wegzeiten für alle 

Das Mobilitätsverhalten vieler Menschen hat sich in den letzten Jahren verändert. Vor allem Frauen legen oft sogenannte Wegketten zurück. Daher passen die Preisstrukturen und das Liniennetz nicht zur Mobilität der Menschen. Eine Monatskarte lohnt sich oft nicht für Teilzeitbeschäftigte, da sie weniger als fünf Mal die Woche zur Arbeit fahren. Innerhalb der Außenbezirke Berlins ist die Abdeckung mit schnellen U- und S-Bahnlinien oftmals unzureichend. Dies hat lange Fahrzeiten und eine Benachteiligung der Bewohner*innen zur Folge.[4]

Wir setzen uns ein für eine Anpassung der Ticketstruktur und des Liniennetzes auf die Bedürfnisse aller. Ein Fokus muss hierbei auf Konzepten für besondere Gruppen liegen, zum Beispiel Frauen, Menschen mit Be_hinderung, Frauen mit Be_hinderung und Kinder.

London (Vereinigtes Königreich)

London erhebt seit 2007 Daten bezüglich des Geschlechts und anderen Merkmalen, die Diskriminierung ausgesetzt sind.[5] Daraus werden Strategien entwickelt und umgesetzt, die jede*n mobil machen. Resultate sind zum Beispiel die „London Hopper Fare” für günstigere Wegketten, barrierefreie Busse, Bahnen und Plattformen, digitalisierte Anzeigen auf dem Handy für kürzere Wartezeiten und bessere Planung.

Best Practice

Fußnoten

Fußnoten
1

Vgl. BVG: Sicherheitsbericht der Berliner Verkehrsbetriebe 2018, in: BVG, PDF zu finden hier: https://www.bvg.de/?section=downloads&download=3724, [31.12.2019].

2 Vgl. Prof. Dr. Gerhold, Lars/Roman Peperhove/Helga Jäckel: Sicherheitsempfinden, Sicherheitskommunikation und Sicherheitsmaßnahmen., in: Sicherheit Forschung – Schriftenreihe Forschungsforum Öffentliche Sicherheit, 05.2020, [online] https://www.sicherheit-forschung.de/forschungsforum/schriftenreihe_neu/sr_v_v/Schriftenreihe_Sicherheit_27.pdf [11.03.2021].
3

Perez, Caroline Criado. Invisible women: Exposing data bias in a world designed for men. Random House, 2019.

4

Vgl. European Commission: European´s satisfaction with urban transport, in: European Comission, 06.2014, [online] http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/ResultDoc/download/DocumentKy/61244 [23.10.2020].

5

Vgl. Transport for London: Diversity and inclusion publications, in: Transport for London, [online] https://tfl.gov.uk/corporate/publications-and-reports/equality-and-inclusion-publications#on-this-page-2 [09.03.2021].