Kapitel 3 | Abschnitt 2
Nicht nur eine beschleunigte Digitalisierung ist essentiell für eine leistungsfähige Verwaltung. Ebenso stellen eindeutige Zuständigkeiten, eine gute Zusammenarbeit sowie effiziente Abläufe wichtige Handlungsfelder dar.
Zuständigkeiten eindeutig verteilen
In Berlin übernehmen die Stadt- und Bezirksebene kommunale Aufgaben. Dabei können unklare Zuständigkeiten ein Problem darstellen. Sind verschiedene Behörden auf Bezirks- und Senatsebene verantwortlich, bestehen zwei Gefahren. Zum einen können die Beteiligten die Verantwortung weiterreichen – das bekannte „Behörden-Pingpong” beginnt. Zum anderen können die Vorgänge in der Berliner Verwaltung durch zahlreiche Beteiligte unnötig verlangsamt, im schlimmsten Fall blockiert werden.
Der Berliner Verfassung zufolge nimmt der Senat durch die Hauptverwaltung die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung wahr. Die Bezirke nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung wahr. Diese Aufteilung ist richtig, jedoch ist es schwierig, sie im Konkreten umzusetzen. Unser Grundgedanke soll hierbei als Leitlinie helfen: Wir sind überzeugt, dass Bezirke die nötige Nähe zu den Bürger*innen haben. Diese braucht es zwingend für Belange von lokaler Relevanz, um bessere Entscheidungen für die Anwohnenden im Kiez treffen zu können. Der Senat wiederum vereint Kenntnisse und langfristige Visionen für die Entwicklung der Stadt Berlin als Gesamtes. Diese müssen bei der Entwicklung städtischer Infrastruktur wie Fahrradwegen und Straßen, ÖPNVÖffentlicher Personen-Nahverkehr. Also Busse, Bahnen usw. More oder Internet zwingend berücksichtigt und angewendet werden.
- Um Doppelzuständigkeiten und damit unnötigen Arbeitsaufwand und Verzögerungen zu vermeiden, ist die eindeutige Verteilung von Verantwortung besonders wichtig. Daher wollen wir mit einer grundlegenden Analyse überprüfen, an welchen Stellen die derzeitige Aufgabenteilung zwischen Senat und Bezirken verbessert werden kann. Damit diese Analyse unabhängig von parteipolitischen Interessen stattfinden kann, wollen wir sie durch ein unabhängiges Gremium durchführen lassen.
- Für unklare Zuständigkeiten soll eine zentrale Schlichtungsstelle eingerichtet werden, die Entscheidungen herbeiführen kann. Die getroffenen Entscheidungen sollen über einen stetigen Verbesserungsprozess bei der weiteren Ausgestaltung der Zuständigkeiten und Geschäftsprozesse berücksichtigt werden.
Reform der Bezirksverwaltungen
Derzeit werden die Bezirksstadträt*innen nach Fraktionsstärke verteilt. Das kann dazu führen, dass diese unterschiedlichen Parteien mit teils entgegengesetzten Zielen angehören. Zusammen mit dem*der Bezirksbürgermeister*in bilden die Bezirksstadträt*innen das Bezirksamt, eine Art Bezirksregierung – bisher ohne Koalitionsvertrag oder festgeschriebene Regierungsziele. Die jeweiligen Ziele der Bezirksstadträt*innen können sich in Abhängigkeit ihrer Parteizugehörigkeit stark voneinander unterscheiden. In diesen Fällen gestaltet sich ihre Zusammenarbeit schwierig.
Damit sie mit vereinter Kraft gemeinsame Ziele verfolgen können, sollten die Bezirksstadträt*innen künftig mit Mehrheit von der BVV gewählt werden. Dieses sogenannte politische Bezirksamt würde Absprachen und damit eine gemeinsam zu erreichende politische Agenda verlangen.
Bezirksbürgermeister*innen haben derzeit keinerlei fachliche und organisatorische Eingriffsrechte in die Aufgabenerledigung in den Ressorts der Bezirksstadträt*innen. Um die Handlungsfähigkeit der Bezirke zu stärken und den Bezirksbürgermeister*innen die Verantwortung für die bezirkliche Umsetzung von Zielvereinbarungen geben zu können, wollen wir folgende Änderungen erreichen:
- Dem*Der Bezirksbürgermeister*in soll ein Weisungsrecht gegenüber den Bezirksstadträt*innen eingeräumt werden. Außerdem sollten den Bezirksbürgermeister*innen die bezirklichen Geschäftsbereiche Finanzen, Personal und Organisation unterstellt werden.
Aufgrund des allgemeinen Bevölkerungszuwachses und der Erweiterung der Aufgabengebiete in den Berliner Bezirken kommt es zu einer Erhöhung des Arbeitsaufwandes in den jeweiligen Bezirksämtern. Stadträt*innen sind teilweise nicht mehr in der Lage, ihrem gewachsenen Aufgabenspektrum gerecht zu werden.
- Für eine nachhaltige Verteilung der Aufgabenlast und Zuständigkeiten streben wir an, die Anzahl der Stadträt*innen je Bezirksamt von fünf auf sechs zu erhöhen.
Verwaltungsabläufe effizienter gestalten
Neben unklaren Zuständigkeiten leiden die Abläufe in der Berliner Verwaltung unter ineffizienten Prozessen, veralteten Strukturen, einer hohen Anzahl an Prozessbeteiligten, heterogenen Informations- und Kommunikationsplattformen sowie einem fehlenden Projektmanagement. Diese Rahmenbedingungen wollen wir verbessern. Um die Arbeit der Berliner Verwaltung effizienter zu gestalten, sehen wir folgende Handlungsfelder:
- eine grundlegende, organisatorische Überarbeitung der Geschäftsprozesse mit dem Ziel, sämtliche Arbeitsabläufe effektiv und rechtssicher zu lenken: Zum einen sollen Zuständigkeiten klar definiert werden. Zum anderen soll eine Bündelung von Kompetenzen sichergestellt werden. Somit soll die Anzahl an Beteiligten an einem Verwaltungsakt auf das nötige Minimum reduziert werden. Darüber hinaus wollen wir sogenannte „Fallkonferenzen” verstärkt auf Senats- und Bezirksebene etablieren. Bei dieser Kollaborationsmethode kommen im Rahmen komplexer Vorhaben entscheidungsbefugte Vertretende aller beteiligten Behörden zusammen. Sie können somit gemeinsam kritische Punkte identifizieren, Lösungen erarbeiten und Entscheidungen zügig fällen. Verwaltungsvorgänge können mit dieser Methode erheblich abgekürzt werden.
- einheitliche Amtsstrukturen, um eine gleichmäßige Ausgestaltung der Geschäftsbereiche der Bezirke sowie eine effizientere, ämterübergreifende Zusammenarbeit der Bezirksverordneten zu ermöglichen.
- Einheitliche und moderne Softwarelösungen in der Verwaltung wie Kommunikationstools, Dokumentations- und Projektsoftware sollen zum effizienten Informationsaustausch und zu reibungsfreien Abläufen beitragen.
- Um den Ablauf und die Steuerung von Projekten auf ein solides Fundament zu stellen, soll ein Zielvereinbarungssystem installiert werden, wie es im Zukunftspakt Verwaltung adressiert wird. Dazu sollen in enger Zusammenarbeit von Senats- und Bezirksebene (Zwischen-)Ziele definiert werden, die den Projektfortschritt jederzeit messbar machen. Damit können bei Bedarf rechtzeitig Maßnahmen eingeleitet werden, um Projektziele sicher und termingerecht zu erreichen.
- Um sicherzustellen, dass bestimmte Verwaltungsprozesse eine gewisse Maximaldauer nicht überschreiten, stellt die sogenannte GenehmigungsfiktionMithilfe der Genehmigungsfiktion wird eine beantragte Genehmigung, nach Ablauf einer definierten Frist, fiktiv rechtskräftig erteilt. Voraussetzung ist, dass sie dem geltenden Recht entspricht. Ist dies nicht der Fall, kann sie aufgehoben werden. Einem Missbrauch ist damit vorgebeugt. More eine gute Möglichkeit dar. Dadurch können Verwaltungsprozesse abgekürzt und insgesamt der Arbeitsaufwand reduziert werden. Wir wollen daher überprüfen, für welche Verwaltungsvorgänge eine Ausweitung der GenehmigungsfiktionMithilfe der Genehmigungsfiktion wird eine beantragte Genehmigung, nach Ablauf einer definierten Frist, fiktiv rechtskräftig erteilt. Voraussetzung ist, dass sie dem geltenden Recht entspricht. Ist dies nicht der Fall, kann sie aufgehoben werden. Einem Missbrauch ist damit vorgebeugt. More sinnvoll ist.
Ein wichtiger Bestandteil zukunftsfähiger und effizienter Verwaltungsprozesse sind auch Maßnahmen des Klimaschutzes. Die Berliner Verwaltung sollte an dieser Stelle eine Vorbildfunktion einnehmen und bis 2035 klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, muss eine berlinweite Strategie zur Erreichung der Klimaneutralität entwickelt werden. Darüber hinaus bedarf es eines datenbasierten Monitoringsystems, das es den jeweiligen Behörden erlaubt, ihren CO2-Fußabdruck zu bestimmen und zu überwachen. Die Umsetzung muss halbjährlich und transparent für die Öffentlichkeit aufbereitet werden. Die folgenden Projekte sollen Teil der Strategien sein.
- Bislang stehen ökologische Verantwortung und Innovationsförderung am unteren Ende des Zielkatalogs öffentlicher Beschaffungsstellen. Nachhaltige Güter und Dienstleistungen müssen jedoch dauerhaft bevorzugt werden. Mit dem Auftragsvolumen der öffentlichen Beschaffung wird damit ein nachhaltiger Innovationsimpuls geschaffen. Ab 2022 sollten daher Nachhaltigkeit und Klimaneutralität über die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen der öffentlichen Hand entscheiden. Somit kann die öffentliche Hand eine immense Hebelwirkung auf die Innovationstätigkeit der Wirtschaft ausüben.
Weitere Maßnahmen, die zum Ziel der Klimaneutralität beitragen sollen:
- Fuhrparks der öffentlichen Verwaltung mit Lastenrädern, Fahrrädern und verbrauchsarmen E-Autos ausstatten
- eine saisonale, regionale und ökologische Ernährung in allen öffentlichen Einrichtungen einführen
- energetische Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden und die Nutzung von Ökostrom zeitnah in die Wege leiten. Außerdem soll die Installation von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden mit geeigneten Dächern umgesetzt werden.
- ein ZERO-Waste-Konzept und klare Regeln zur Vermeidung von Müll in Ämtern, landeseigenen Unternehmen und anderen öffentlichen Einrichtungen erstellen
In den letzten Jahren haben Behörden vom Bund und der EU bereitgestellte Fördergelder nur zu einem Bruchteil abgerufen. In Berlin wurden beispielsweise bis Januar 2021 nur 11 % der seit 2019 zur Verfügung stehenden Mittel aus dem Digitalpakt 2024 zur Digitalisierung von Schulen bewilligt, obwohl die Zielvereinbarung mindestens 50 % bis Ende 2021 vorsieht[1]. Um dieses Potenzial in Zukunft besser zu nutzen, sollen die zur Verfügung stehenden Fördergelder sowie Leitfäden und Hilfestellungen zur Antragstellung übersichtlich auf einer Plattform zusammengefasst werden.
Digitalpakt Sachsen
In Sachsen sind Ende Januar 2021 99 % aller Fördergelder des Digitalpaktes schon bewilligt worden. Dies wurde aufgrund eines einfachen und unbürokratischen Antragsprozesses möglich, indem die beantragenden Schulen u. a. bei der Ausarbeitung der komplexen Medienentwicklungspläne von Expert*innen medienpädagogischer Zentren unterstützt wurden. Eine Förderrichtlinie und Medienentwicklungspläne für viele Schulen lagen zudem schon frühzeitig vor.
Fußnoten[+]
↑1 | Vgl. Von Lindern, Jakob: Digitalisierung an Schulen: Die Milliarden, die nicht ankommen, in: Zeit Online, 26.01.2021 https://www.zeit.de/digital/2021-01/digitalpakt-schule-fernunterricht-homeschooling-tablets-foederalismus-digitale-bildung/komplettansicht [05.02.2021] und Verwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schule 2019 bis 2024: https://www.bmbf.de/files/VV_DigitalPaktSchule_Web.pdf [05.02.2021]. |
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